Der Blog zum wohngesunden Bauen

28. Juli 2008

Wohngesundheit in Frankreich

Filed under: Gesundheit, Presse, Projekte, Wissenschaft — Schlagwörter: , , , — Matthias Lange @ 11:06

Als Deutsche sind wir mitunter gegenüber anderen Nationalitäten wie z.B. Engländern und Franzosen etwas gehemmt, wenn es um eigene demokratische Traditionen geht. In anderen Bereichen sind wir jedoch durchaus stolz auf deutsche Errungenschaften. Dazu zählt z.B. der Umweltschutz. Wie stolz können wir sein auf unsere europaweit einmalige Förderung der erneuerbaren Energien, auf die ausgeklügelte Mülltrennung, die sogar Eingang gefunden hat in den Grundschulunterricht. So rümpfen wir dann im Urlaub gerne die Nase über die Wegwerfmentalität unserer Nachbarn. Keine Pfandflaschen, keine gelben Säcke!

Auch was die Bemühungen um Wohngesundheit angeht, so sieht sich das Sentinel-Haus Institut europaweit, wenn nicht weltweit führend. Dem will ich beileibe nicht widersprechen, der Beweis des Gegenteils steht nämlich noch aus, aber es ist doch wirklich beachtenswert, was in anderen Ländern zu dem Thema geleistet wird. Von der Chemiless Town der Chiba-Universität in Tokio, deren Vertreter uns im August besuchen, haben wir schon in unserem Newsletter berichtet, auch von der britischen Good Homes Alliance von Neil May haben wir geschrieben.

Jetzt ist uns von Wienerberger France eine Studie übermittelt worden, die mich sehr inspiriert hat. Sie ist in Auftrag gegeben worden von der Fédération Francaise de Tuiles et Briques, also der französischen Ziegelindustrie und wartet mit erstaunlichen Ergebnissen auf. In einer repräsentativen Umfrage erklärten mehr als 80% der Befragten, sie seien besorgt über die Qualität der Innenraumluft. Mehr als 90 % der Franzosen wissen der Studie zufolge um den Zusammenhang zwischen Gesundheit und der Qualität der Innenraumluft. Der die Studie begleitende Chef der Abteilung Lungenheilkunde und Allergologie des Hopital Nord/ Uni-Klinik Marseille, Prof. Denis Charpin, nennt dazu einige alarmierende Zahlen für Frankreich:

  • seit 20 Jahren steigt das Risiko, eine allergische Erkrankung der Atemwege zu bekommen, steil an. Bereits 20% der Bevölkerung klagen darüber und die Innenraumluft hat einen beträchtlichen Anteil daran
  • 10 % der französischen Kleinkinder leiden an Neurodermitis
  • 10% der Grundschüler und 15% der Schüler weiterführender Schulen leiden an Asthma
  • Ursache Nr. 1 für Fehlen in der Schule in Frankreich: Asthma
  • Verdreifachung der Asthmatiker-Rate in Frankreich in den letzten 20 Jahren
  • 74% der im Rahmen mehrerer Studien untersuchten Wohnräume wiesen Schimmel auf

Die Studien von Prof. Charpin konzentrieren sich auf Schimmel und VOCs. Laut Charpin vergisst man bei den Anstrengungen zur Energieeinsparung “…als logische Folge den Anstieg des Feuchtegehalts in der Innenraumluft, die Entwicklung von Schimmel und die Anwesenheit von chemischen Schadstoffen in hoher Konzentration.” Eine Studie des Nationalen Stelle für Qualität der Innenraumluft von 2006 belegt, dass die Konzentration von chemischen Schadstoffen in der Innenraumluft bedeutend höher als in der Außenluft ist.

Als Schlussfolgerung betont die Studie, dass es hier um ein sehr brisantes Problem der öffentlichen Gesundheit geht, dass die meisten noch nicht wahrgenommen haben. Gerade die Fachleute im Baubereich sollten ihre Anstrengungen nicht nur auf die Energieeffizienz von Gebäuden richten, sondern die Konsequenzen dieser Gebäudehülle auf die Gesundheit bewusst angehen.

Das Sentinel-Haus Institut wird auch in Frankreich die wissenschaftliche Arbeit fördern und die Anstrengungen von Prof. Charpin und anderer Kollegen mit unseren beiden Pilotprojekten in Nantes und dem Elsass unterstützen. Es wird uns gelingen, dazu auf der Batimat, der größten westeuropäischen Baumesse, in Paris im November 2009 Fachgespräche zur Wohngesundheit zu veranstalten und dem Thema auch in Frankreich die gebührende Öffentlichkeit zu bescheren.

3 Comments

  1. jetzt würde mich eine deutsch Veröffentlichung hierzu interessieren. Kann man mit so etwas rechnen?

    Comment by Peter — 28. Juli 2008 @ 21:27

  2. Mit einer deutschen Übersetzung kann man spätestens im Oktober rechnen. Zu finden dann neben anderen interessanten Veröffentlichungen unter http://www.sentinel-haus.eu/gesundheit/forschung-praxis/

    Comment by Matthias — 29. Juli 2008 @ 09:20

  3. Hallo Matthias,
    kanst Du mir nähere Infos zu dem Projekt im Elsaß geben, da ein am SHI interessiertes Abbundzentrum in Stutensee schon den elsäßischen Markt beliefert.

    Comment by Ralf Vogel — 29. Juli 2008 @ 11:14

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